Risk/Science Based Commissioning and Qualification

Qualifizierungsprozesse optimieren mit wissenschaftlichen Ansätzen

Rationalisierung von Qualifizierungsprozessen mit wissenschaftlich fundierten Ansätzen

Inhaltsübersicht

1. Einleitung

Die Rationalisierung der Inbetriebnahme und Qualifizierung (C&Q) von pharmazeutischen und biopharmazeutischen Anlagen wird immer wichtiger, da die Unternehmen nach größerer Effizienz und Einhaltung der Vorschriften streben. Herkömmliche Qualifizierungsmethoden, wie das V-Modell, können schwerfällig sein und zu Verzögerungen führen. Als Reaktion darauf hat die International Society for Pharmaceutical Engineering (ISPE) in der zweiten Ausgabe ihres Baseline Guide einen wissenschaftlich fundierten Ansatz eingeführt : Inbetriebnahme und Qualifizierung. Dieser Leitfaden betont die Verwendung risikobasierter und wissenschaftlich fundierter Strategien, die sich an modernen Qualitätsstandards orientieren, wie sie in der ASTM E2500-13 beschrieben sind.

2. Herausforderungen bei traditionellen Qualifizierungsprozessen

Bei traditionellen Ansätzen waren Inbetriebnahme und Qualifizierung oft getrennte Phasen, was zu Ineffizienzen führte. Die Qualifizierung umfasste umfangreiche Tests und Dokumentationen, was häufig zu Doppelarbeit führte, ohne sich direkt auf die Produktqualität auszuwirken. Die ISPE erkannte, dass dieser starre Ansatz Kosten und Zeitaufwand in die Höhe treiben und gleichzeitig Innovationen hemmen kann.

3. Der wissenschaftlich fundierte Ansatz bei Inbetriebnahme und Qualifizierung

Der wissenschaftlich fundierte Ansatz integriert Inbetriebnahme und Qualifizierung in einen einheitlichen Prozess und eliminiert Redundanzen. Wie im ISPE Baseline Guide Volume 5 (Second Edition) beschrieben, konzentriert er sich auf die Produktqualität und die Patientensicherheit, indem er sich mit den Systemrisiken befasst. Darüber hinaus werden wissenschaftliche Erkenntnisse über Prozesse und kritische Systemmerkmale genutzt, um angemessene Prüfniveaus zu definieren, die eine Überqualifizierung verhindern und gleichzeitig die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften gewährleisten.

4. Schlüsselelemente eines wissenschaftsbasierten Ansatzes

4.1 Risikobasierte Qualifizierung

Der Eckpfeiler des wissenschaftsbasierten Ansatzes ist das Risikomanagement, bei dem der Qualifizierungsaufwand im Verhältnis zu den Risiken für die Produktqualität und die Patientensicherheit steht. Der Baseline Guide der ISPE empfiehlt die Durchführung einer Systemrisikobewertung (SRA) zu Beginn des C&Q-Prozesses, um kritische Aspekte (CAs) und kritische Designelemente (CDEs) zu identifizieren. Diese Bewertungen helfen bei der Priorisierung von Ressourcen und konzentrieren sich auf Bereiche, die für die Aufrechterhaltung der Produktqualität entscheidend sind.

4.2 Gute Ingenieurpraxis (GEP)

Eine weitere wesentliche Komponente ist die Einhaltung der Guten Ingenieurspraxis (GEP). GEP umfasst Methoden, die dem Industriestandard entsprechen und sicherstellen, dass Systeme angemessen entworfen, konstruiert und getestet werden. Sie unterstützt den wissenschaftsbasierten Ansatz, indem sie einen Rahmen für die effiziente Verwaltung von Design-, Installations- und Betriebsaspekten bietet.

4.3 Nutzung der Dokumentation von Anbietern

Zur weiteren Rationalisierung der Prozesse schlägt der ISPE-Leitfaden vor, die Dokumentation des Herstellers zu Prüfzwecken zu nutzen. Dazu können Factory Acceptance Testing (FAT) und Site Acceptance Testing (SAT) gehören, vorausgesetzt, der Lieferant hält sich an akzeptable Qualitätspraktiken. Unternehmen können die vom Lieferanten bereitgestellten Dokumente in ihre Qualifizierungsbemühungen einbeziehen und so den Bedarf an redundanten Tests reduzieren.

4.4 Kontinuierliche Verbesserung

Der wissenschaftsbasierte Ansatz unterstützt die kontinuierliche Verbesserung während des gesamten Lebenszyklus eines Systems. Dazu gehören regelmäßige Überprüfungen und System-Upgrades auf der Grundlage von Betriebsdaten, Leistungstrends und Risikobewertungen. Durch die Förderung einer proaktiven Verbesserungskultur können Organisationen die Einhaltung der Vorschriften aufrechterhalten und gleichzeitig die Effizienz steigern.

5. Integration des wissenschaftsbasierten Ansatzes mit den Grundsätzen des ISPE Baseline Guide

5.1 System-Risikobewertung

Das Herzstück des wissenschaftsbasierten C&Q-Prozesses ist die Systemrisikobewertung (SRA). SRAs werden durchgeführt, um kritische Aspekte von Systemen zu identifizieren und sie auf der Grundlage ihrer Auswirkungen auf die Produktqualität und die Patientensicherheit zu priorisieren. Der ISPE Baseline Guide beschreibt, wie SRAs von Fachexperten (SMEs) durchgeführt werden sollten, die ein tiefes Verständnis der Wissenschaft hinter dem Produkt und dem Herstellungsprozess besitzen.

5.2 Designqualifizierung und -verifizierung

Sobald die kritischen Aspekte identifiziert sind, stellen die Prozesse der Entwurfsqualifizierung (DQ) und -verifizierung sicher, dass die Systeme gemäß den definierten Benutzeranforderungen entworfen werden und funktionieren. Design Reviews (DR) werden iterativ durchgeführt, um zu bestätigen, dass die Produkt- und Prozessanforderungen in den Systementwurf eingebettet sind. Die kritischen Aspekte des Systems werden dann durch gezielte Tests verifiziert, wobei der Schwerpunkt auf den Bereichen liegt, die sich am stärksten auf die Produktqualität auswirken können.

5.3 Testen und Dokumentation

Durch die Ausrichtung der Tests auf kritische Designelemente minimiert der wissenschaftsbasierte Ansatz unnötige Dokumentation. Bei herkömmlichen Qualifizierungsmethoden wurde der Testaufwand in verschiedenen Projektphasen oft verdoppelt. Im Gegensatz dazu ermöglicht die wissenschaftsbasierte Qualifizierung eine einmalige Prüfung, deren Ergebnisse dokumentiert und für mehrere Zwecke verwendet werden (z. B. Inbetriebnahme, Qualifizierung und Einreichung bei den Behörden).

6. Vorteile des wissenschaftsbasierten Ansatzes

6.1 Effizienz und Kostenreduzierung

Die Integration von Inbetriebnahme und Qualifizierung strafft den Gesamtprozess und reduziert Doppelarbeit. Durch die Konzentration der Ressourcen auf die kritischsten Bereiche können Unternehmen Zeit und Geld sparen und gleichzeitig die Vorschriften einhalten. Tests werden nur bei Bedarf durchgeführt, wodurch unnötige Dokumentations- und Qualifizierungsaktivitäten vermieden werden.

6.2 Verbesserte Konformität und Produktqualität

Durch die Konzentration auf kritische Aspekte wird sichergestellt, dass die Systeme auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse qualifiziert werden, was sich direkt auf die Patientensicherheit auswirkt. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit von Fehlern und Nichteinhaltung von Vorschriften minimiert und gleichzeitig die Gesamtqualität der pharmazeutischen Produkte verbessert. Der Einsatz von Risikomanagementinstrumenten gewährleistet ein konsequentes Risikomanagement und verringert die Wahrscheinlichkeit kritischer Fehler in der Produktion.

6.3 Flexibilität und Innovation

Ein wissenschaftsbasierter Ansatz ermöglicht es Unternehmen, sich an neue Technologien und Prozesse anzupassen, ohne durch starre Qualifikationsprotokolle eingeschränkt zu sein. Dies fördert die Innovation und ermöglicht es Unternehmen, innovative Lösungen zu implementieren und gleichzeitig die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten.

6.4 Erhöhtes Vertrauen der Regulierungsbehörden

Aufsichtsbehörden wie die FDA und die EMA haben in ihren Richtlinien die Bedeutung risikobasierter Ansätze hervorgehoben, und Unternehmen, die wissenschaftlich fundierte Qualifizierungsmethoden anwenden, können diese Erwartungen besser erfüllen. Dies führt zu reibungsloseren behördlichen Inspektionen und größerem Vertrauen in die Systemkonformität.

7. Schlussfolgerung

Die Einführung eines wissenschaftsbasierten Ansatzes, wie er im ISPE Baseline Guide empfohlen wird, vereinfacht den Inbetriebnahme- und Qualifizierungsprozess. Er richtet die Prüf- und Verifizierungsbemühungen auf die Produktqualität und die Patientensicherheit aus, reduziert unnötige Aktivitäten und fördert die Innovation. Durch die Konzentration auf Risikomanagement, gute technische Praxis und die Zusammenarbeit mit Anbietern können Unternehmen ihre Qualifizierungsprozesse rationalisieren und gleichzeitig die Einhaltung der Vorschriften und die Einhaltung hoher Produktstandards gewährleisten.

Referenzen

  • ISPE-Grundlagenleitfaden: Inbetriebnahme und Qualifizierung, Zweite Ausgabe
  • ASTM E2500-13: Spezifikation, Design und Verifizierung von pharmazeutischen Produktionssystemen

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